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Arbeiten und Leben auf Galápagosbeim Fotografieren

in der Gischt


Eine Reise nach Galápagos kommt für viele Menschen der Erfüllung eines Traumes gleich. Schon der Name erzeugt Assoziationen und Bilder vom Britischen Segelboot Beagle, an einer wilden Küste vor Anker liegend; von Darwin, der auf dem nächstgelegenen Strand Tiere studierte, von Riesenschildkröten, zahmen Vögeln, Seelöwen und großen Kolonien mit urtümlich anmutenden Meerechsen, welche die schwarzen Lavafelsen säumen.

Flughafen BaltraAuch wir haben diese Bilder im Kopf, als sich unser Flugzeug im Landeanflug auf die ersten Inseln befindet und bald darauf auf einer schmalen Landebahn inmitten eines Feldes trockener Büsche und Lavasteine aufsetzt. Wir sind auf Baltra, einem früheren US Militärstützpunkt und dem Tor des Nationalparks, angekommen. Wir steigen über eine Leiter aus dem Heck des Flugzeugs und laufen die 150 Meter bis zu einer Halle ohne Fenster, die sich Baltra Terminal nennt.

FrachtimportDie Passagiere stehen an Kontrollposten an, wo Mitarbeiter des Nationalparks das Gepäck nach mitgebrachten Früchten und Tiere untersuchen. Diese Maßnahme ist wichtig, weil schon viel zu viele fremde Organismen eingeschleppt wurden, und diese willentlich oder unabsichtlich eingeführten Pflanzen und Tiere einheimische Arten verdrängen. Aber diese Prozedur gleich nach der Ankunft führt andererseits auch vor Augen, daß uns nicht mehr nur die unberührte Natur unserer Träume erwartet. Mit der rapide zunehmenden Bevölkerung auf Galápagos drängen sich gravierende Naturschutzprobleme immer mehr in den Vordergrund. Gegensätzliche Interessen führten wiederholt zu teilweise gewalttätigen Auseinadersetzungen zwischen Vertretern des Nationalparks, internationalen Naturschutzorganisationen, lokalen Politikern und Fischern.

Boote im HafenDie meisten ausländischen Besucher passieren zügig die Kontrollen in der kleinen Flughafenhalle, suchen sich ihre Gepäckstücke aus einem Haufen von Koffern und Rucksäcken aus und besteigen einen Bus, der sie schon nach kurzer Fahrt an den Hafen bringt. Dort warten mit laufendem Motor mehrere Yachten, um ihre Kundschaft in das "Abenteuer Ihres Lebens" zu führen - das zumindest verspricht die Internetpräsentation eines bekannten Reiseunternehmens. Als Tourist soll man sich also möglichst an den Wundern eines der letzten Paradiese auf Erden ergötzen und nicht mit Natur- und Umweltschutzproblemen belasten, von denen man im Alltag schon genügend mitbekommt. Immerhin läßt die Kundschaft viel Geld zurück.

Wir reihen uns in die wartende Menge südamerikanischer Besucher ein, die in einen klapprigen Bus gepfercht an den Kanal von Itabaca gebracht werden, wo eine Fähre die kurze Strecke zwischen den beiden Inseln Baltra und St. Cruz überwindet. Von der Anlegestelle aus führt ein langes Band einer scheinbar endlosen Straße geradlinig die Vulkanhänge von St. Cruz hoch und verschwindet in tiefhängenden Wolkenbänken. Zwei Stunden später stehen wir auf einem Platz in der Mitte der quirligen Stadt Puerto Ayora, in der etwa 10 000 Menschen leben.

Fischerhafen1959 schlugen Wissenschaftler der Max Planck Gesellschaft einen Platz an der Academy Bay zur Gründung der Charles Darwin Forschungsstation vor. Seitdem widmen sich dort Wissenschaftler und Naturschützer den Naturwundern des Archipels. Zur gleichen Zeit übernahm der neugegründete Nationalpark viele der Aufgaben zum Schutz der Natur. Zu Beginn der Sechziger Jahre nahm das erste Boot mit Touristen seine Arbeit auf. Von Anfang an wurde dabei festgelegt, daß Touristen im Nationalpark nur auf bestimmten lizensierten Booten die Inseln erkunden dürfen. Die Besucher leben und essen auf den Booten und unternehmen geführte Landausflüge an den interessantesten Plätzen des Archipels. Mit einer zunehmenden Anzahl an Touristen und Immigranten vom Festland wurde der ehemals so ruhige und ablegene Platz auf St. Cruz bald zu einem städtischen Zentrum des Archipels.

Puerto AyoraDie restriktive Art touristischer Erschließung half trotz ansteigender Besucherzahlen die Gefahr des Verschleppens von fremden Arten zwischen den Inseln einzudämmen. Die Besucher essen und schlafen auf den Booten und betreten Inseln nur mit leichtem Tagesrucksack. Die Gruppengröße ist limitiert und wird von einem speziell vom Nationalpark ausgebildeten Führer begleitet, dessen Aufgabe es ist, auf die Einhaltung der Schutzvorschriften zur Vermeidung des Transports von mitgeführten Tieren und Pflanzensamen zu achten. Wenn Wissenschaftler die Inseln besuchen, dann wechseln sie zwar nicht so oft die Plätze, dagegen führen sie aber viel Gepäck mit, u.a. auch Lebensmittel. Das wiederum birgt ebenso ein großes Risiko, versteckte wirbellose Tiere auf einer Insel einzuschleppen. Gefürchtet sind v.a. Feuerameisen, winzige Tiere, die ursprünglich nicht auf Galápagos heimisch waren, und überall, wo sie eingeschleppt werden, aufgrund ihrer Aggressivität und scharfen Säuren einheimische Tierpopulationen schädigen. Bevor wir also die Hauptinsel St. Cruz verlassen, befolgen wir penibel ein Protokoll, das die Behandlung von Ausrüstungsgegenständen und Lebensmitteln vorschreibt. Frische Lebensmittel sind fast alle tabu, Zwiebeln können mitgeführt werden, nachdem sie geschält und gewaschen wurden. Auch Kartoffeln und Eier. Ansonsten aber beschränkt sich unser Speisezettel auf Gemüse und Früchte aus der Dose, als Zutaten gibt es Reis oder Nudeln. Die müssen zusammen mit allen Keksen, Müsli, Mehl und Ähnlichem für 24 Stunden tiefgefroren werden, um etwaig vorhandene Käfer u.ä. in den Packungen abzutöten.

BootsankunftZu sechst legen wir uns einen Plan für die nächsten drei Wochen zurecht, die wir auf der unbewohnten Insel St. Fé verbringen werden. Zusammen schälen und waschen wir drei Kilo Zwiebeln und bereiten weitere Nahrungsmittel vor, die fein säuberlich in Metallkisten für den Transport verpackt werden.

TransportDie Überfahrt ist fabelhaft, ein Pottwal kreuzt unseren Weg und wir beobachten drei springende Buckelwale. Das war noch der angenehmere Teil des Umzugs, vor uns liegt eine rechte Schinderei, bis alle Ausrüstungsgegenstände für das Camp im flachen Wasser ausgeladen und dann eine steinige Klippe hochgebracht sind. Aber bald schon steht das Camp aus ein paar Bambusstangen mit Sonnenplanen und mehreren kleinen Schlafzelten, unsere neue Heimat für die nächsten paar Wochen. Auf dem Plateau oberhalb der Küstenklippe  geniessen wir eine wunderschöne Aussicht über die azurblaue See.

Als erster Besucher kommt ein großer Landleguan an und inspiziert völlig furchtlos und neugierig unsere Ausrüstungskisten. Die Umgebung des Camps gehört wohl zu seinem Revier und vielleicht hat er sich schon in seinem hohem Lebensalter daran gewöhnt, daß einmal im Jahr eine Gruppe Wissenschaftler seltsame Aufbauten in seinem kargen Revier errichten, in dem den Rest des Jahres wohl recht wenig passiert.

LagerBald schon haben wir einen kleinen Zoo in und um unser Camp. Endemische Reisratten machen sich gierig an unserer Kücheneinrichtung zu schaffen und warten nur darauf, die übersehene Kruste der übergelaufenen Suppe von der Kochplatte zu nagen. Eine Sumpfohreule, als Kosmopolit auch in Deutschland heimisch, macht sich zu Fuß durch unsere Küche auf die Jagd nach den Reisratten. Es ist faszinierend, wie zahm und neugierig unsere "wilden Haustiere" sind. Einmal landet die Eule sogar auf Silke's Rücken und eine große Heuschrecke abzugreifen, die sich dorthin verirrte. LandleguanBei so viel Vertrauen der Tiere ist es für uns um so wichtiger, Nahrungsmittel und Müll sicher wegzupacken, damit nichts von unseren Besucher gefressen wird. Aber damit nicht genug, Reisratten nagen alles an, was aus Plastik oder Gummi besteht, und das kann uns wirklich ein Problem bereiten, wenn sie dabei wichtige Dinge zerstören, wie z.B. den Schlauch von unserem Trinkwasserfilter. Jedes einzelne Teil gewinnt hier, wo es keinen Ersatz gibt, riesige Bedeutung für unsere alltäglichen Bedürfnisse. Sogar eine Flasche Speiseöl kann so zu einem unvergleichlichen Schatz werden, wenn es die letzte ist, mir der wir unsere Gerichte zubereiten wollen. So wird sie mindestens so gut vor den scharfen Zähnen der Nager behütet, wie das herumliegende Fernglas, dessen Augenmuscheln aus Gummi unerwarteterweise auch schon unter der nagenden Neugierde der Reisratten gelitten hat.

InsellandschaftAndere Zeitgenossen begrüßen uns in unserem "Badezimmer". Etwa die verspielten jungen Seelöwen, die immer ankommen, wenn einer von uns Geschirr spült oder sich im auf- und abwogenden Wellengang die Haare wäscht. Man gewöhnt sich an Salzwasser für die Körperreinigung - alles Frischwasser ist zum Trinken und Kochen reserviert. Vielleicht können sich Manche so ein Leben schwer vorstellen. Wir hatten uns jedenfalls bald in die herrliche Aussicht verliebt, die die schönste Toilette der Welt bietet, wenn man, über einem Lavaspalt bequem mit dem Rücken gegen einen Felsen lehnend, fünf Meter über dem Wasser eine traumhafte Aussicht auf ein azurblaues Meer geniessen kann, gekrönt mit bunten Blaufußtölpeln und artistisch im Wind segelnden Fregattvögeln.

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